Weibliche Sexualität im Laufe eines Lebens
Unsere Sexualität formt sich im Laufe unseres Lebens und hält in jeder Lebensphase spannende Insights bereit, aber eins ist sicher, genau wie wir mit Erfahrungen wachsen, wächst auch unsere Lust und wird nicht weniger.
Auch auf Englisch verfügbar
Female sexuality through a life span
Sexualität begleitet uns durch alle Lebensphasen vom frühkindlichen, spielerischen Entdecken der Geschlechtsorgane über die Pubertät bis ins Erwachsenenalter und später der Menopause. Für die Lust sind Sexualhormone verantwortlich, die wir hauptsächlich als Östrogen und Progesteron definieren, wobei Östrogen nur ein Oberbegriff für 30 verschiedene Hormone ist, die zum einen die sexuelle Lust beeinflussen, aber auch den Körper von der Entwicklung der Brust während der Pubertät bis hin zum Knochenaufbau. In der Pubertät leistet Östrogen den größten Beitrag bei der der körperlichen und psychischen Entwicklung zur Frau, genauso wie das Progesteron-Hormon, was später in der Schwangerschaft und Stillzeit noch eine zusätzliche Rolle spielt. In den Wechseljahren fallen Östrogen und Progesteron ab, was sich auf unsere körperliche Beschaffenheit auswirkt sowie unsere Lust bestimmen kann. Ich sage absichtlich kann, denn während die Menopause zwar das Ende der Fortpflanzungsfähigkeit der Frauen bedeutet, ist es nicht das Ende der Sexualität.
In diesem Artikel gehe ich auf die verschiedenen Lebensabschnitte der weiblichen Sexualität ein und widme mich der Frage, in welchem Alter Frauen am meisten sexuell aktiv sind und wieso die Wechseljahre, entgegen aller Erwartungen, oft neue Lust am Sex bringen.
Von Kindheit bis Pubertät
Bereits im Kindesalter beginnen wir unsere Geschlechtsorgane zu entdecken, allerdings nicht auf einem sexuellen Erwachsenenlevel, sondern eher in einer spielerischen Körpererkundung. Dennoch kann dies für Erwachsene befremdlich wirken, wenn sie ihr Kind dabei ertappen, wie es auf einem Kissen herumrutscht oder ständig an den Genitalien herumfummelt. Entscheidend ist, gelassen bleiben und dem Kind nichts verbieten, sondern eher auf private Räumlichkeiten aufmerksam machen. Denn in diesem Alter ist es bereits enorm wichtig, ein gutes Körpergefühl zu vermitteln und den Forscherdrang zuzulassen.
In der Pubertät setzt die erste Menstruation ein, Brust und Schambehaarung wächst. Es kommt allerdings nicht nur zu einer körperlichen Veränderung, sondern auch zu einer emotionalen Achterbahnfahrt, ausgelöst durch Hormone. Dieses seelische Auf und Ab in der Pubertät ist völlig normal und zeigt sich bei Mädchen und Jungen gleichermaßen. Hier heißt es Ruhe bewahren, Gereiztheiten und Wutausbrüchen geduldig gegenüberstehen und sich dem Teenager nicht aufdrängen, aber das Gefühl von Zugehörigkeit und Fürsorge vermitteln. Dies ist die Phase, in der Neugier und das aktive Ausleben von Sex entsteht.
Erwachsenenalter
Fassen wir das sexuelle Erwachsenenalter von achtzehn bis vierzig zusammen (um später auf die Wechseljahre einzugehen, die ca. um das vierzigste Lebensjahr einsetzen), dann ist diese Zeitspanne die wohl Abenteuerlichste. Man begibt sich auf eine Reise, lernt seine sexuellen Bedürfnisse besser kennen und kommuniziert diese im besten Fall. Außerdem kristallisiert sich meist die sexuelle Orientierung heraus und Vorlieben und Abneigungen werden definiert. Es ist auch eine Zeit, in der wir uns mit verschiedenen Beziehungskonzepten auseinandersetzen, um unsere Sexualität weiterzuentwickeln. Einige Frauen entscheiden sich für das Muttersein, was noch mal eine ganz neue Aufgabe bedeutet und gleichzeitig das Sexualverhalten beeinflusst. Denn nach der Geburt sinkt der Östrogenspiegel, während beim Stillen das Bindungs- und Kuschelhormon Oxytocin ausgeschüttet wird, sodass Frauen in dieser Zeit weniger Lust auf Sex haben.
Wechseljahre und Menopause
Die Wechseljahre beginnen meist mit Beginn der Vierziger und enden mit der letzten Menstruationsblutung (Menopause). Man spricht von einem Zeitraum von ungefähr zehn Jahren. Dies ist allerdings von Frau zu Frau unterschiedlich. Hormone geraten aus dem Gleichgewicht und manche erleben Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen sowie Stimmungsschwankungen. Die beiden Hormone Östrogen und Progesteron sinken beständig, aber sie beeinträchtigen die Libido, wie lange angenommen, nicht. Allerdings macht sich der Östrogenmangel an den Schleimhäuten bemerkbar, weshalb wir oft von einer Scheidentrockenheit sprechen. Dies ist von Person und Umstand total unterschiedlich ausgeprägt und kann mit verschiedenen Präparaten schnell in den Griff bekommen werden.
Viele Frauen in den Wechseljahren erleben den besten Sex ihres Lebens, weil sie ein besseres und vor allem entspannteres Körperbewusstsein haben. Sie wissen, was sie im Bett wollen, mache keine Kompromisse, wenn es um ihre Lusterfüllung geht und achten mehr auf das Gefühl als die Performance. Aus diesem Grund sollten sie sich über diesen Lebensabschnitt eher freuen, als Druck aufzubauen, denn Frauen in den Vierzigern sind eine Quelle der Lust. Sie sind experimentierfreudiger, mutiger und selbstbestimmter. Themen wie Verhütung und Periode rücken in den Hintergrund und das eigene Vergnügen in den Vordergrund.
In welchem Alter sind Frauen am meisten sexuell aktiv?
Bisher haben wir herausgefunden, dass Hormone unsere weibliche Lust lenken, aber nicht steuern und das sexueller Genuss von Frau zu Frau und Umstand zu Umstand unterschiedlich ist. Ich denke, dass wir den meisten Sex in jüngeren Jahren haben, in unseren Zwanzigern bis Anfang Dreißigern, aber den Besseren definitiv in unseren Mittdreißigern bzw. Vierzigern. Einfach, weil wir uns mit dem Älterwerden intensiver kennenlernen, uns wohlerfühlen und wissen, was uns wirklich anmacht. Orgasmen gehen leichter von der Hand, wir schämen uns nicht, neue Tools auszuprobieren und schlüpfen auch gern mal in verschiedene Rollen. Wir nehmen den Sex spielerischer und unsere Lust bedeutungsvoller wahr. Zwar sinkt unser Östrogen, aber dafür steigt unser Testosteronspiegel. Das wiederum bedeutet, dass wir Ansagen machen. Wir werden dominanter und bestehen auf gleichberechtigte Befriedigung.
Unsere Sexualität formt sich im Laufe unseres Lebens und hält in jeder Lebensphase spannende Insights bereit, aber eins ist sicher, genau wie wir mit Erfahrungen wachsen, wächst auch unsere Lust und wird nicht weniger, nur weil Hormone unseren Körperrhythmus etwas aus dem Gleichgewicht bringen. Sex allein oder mit einem Partner reift wie ein guter Wein und wird immer wertvoller.